E-Textiles Stickereien

E-Textiles Stickereien: Traditionelle Handarbeit trifft auf Tools und Elektronik

Die Serie „woanders“ ist der Ausgangspunkt meiner textilen Kunstpraxis. Die E-Textiles Stickereien dieser Serie verbinden Stickerei mit Elektronik – und damit zwei Welten, die in meinem Leben immer schon präsent waren: textile Handarbeit und technisches Denken. Ich habe als Kind im Kindergarten mit Begeisterung Teppiche gewebt, mit meiner Oma und meiner Mutter gestrickt, gehäkelt und gestickt, später sogar geknüpft und als Teenager nähen gelernt – bis ich dann eines Tages Elektrotechnik studiert habe.

Allerdings habe ich rechtzeitig den Absprung geschafft – und nutze nun mein „gefährliches Halbwissen“ bewusst als künstlerische Strategie: ein Wissen, das nicht optimiert, sondern unterwandert. So auch in den E-Textiles Stickereien der „woanders“-Serie.

Die LED als Startpunkt meiner E-Textiles Stickereien

Die Serie lotet aus, wie sich digitale Alltagsästhetik in die Bildsprache textiler Handarbeit einschreibt. Mich interessiert, wie technische Elemente in textile Oberflächen eindringen – nicht als Störung, sondern als poetische Erweiterung. Ausgangspunkt für die Arbeit an der „woanders“-Serie war daher die Frage, wie eine einfache LED als erzählerisches Mittel Eingang in ein Textilkunstwerk finden könnte. Ich bin dabei von der LED, ihrer Form und ihrem Lichtschein ausgegangen. Ich habe sie als Display gelesen – als kleines Fenster, als Screen. Genau das war der Auslöser für diese Stickerei-Serie.

Material: Gefundene Laken, vibrierende Maschinen, intensive Prozesse

Die E-Textiles Stickereien sind auf weißen Bettlaken gestickt, die ich zufällig neben einem Altkleidercontainer gefunden habe. Es waren Laken aus einem Altenheim, bestickt mit Namen, getragen, gebraucht. Ich habe sie gereinigt und aufgetrennt – und dann begonnen, darauf zu sticken.
Das Material selbst erzählt schon vom „woanders“-Sein: von Orten, die uns nicht gehören, in denen wir aber liegen, schlafen, träumen – sei es im Altenheim, im Hotel, im Urlaub.

Ich sticke mit einer einfachen Nähmaschine – keine High-Tech, sondern das alte, vibrierende Gerät aus meiner Jugend. Den Transporteur decke ich ab, sodass ich den Stoff frei unter der Nadel in alle Richtungen bewegen kann. Dann beginne ich, mit der Nadel der Nähmaschine auf den Stoff zu zeichnen.

Skizzenhafte Körper – textile Selbstverortung

Die Motive zeigen Menschen am Strand – allein, versunken, oft mit dem Handy in der Hand. Die Porträts sind skizzenhaft, manchmal fast roh. Es sind keine idealisierten Körper. Viele der Figuren sind übergewichtig – so wie ich. In einem subversiven feministischen Akt habe ich mich männlich konnotierter Technik bedient und mich mit traditioneller, weiblicher Handarbeit in meinen E-Textiles Stickereien selbst an den Strand gesetzt.

Das Textilkunstwerk von Yvonne Dicketmueller zeigt einen Mann mit nacktem Oberkörper, der auf einem Strandstuhl sitzt und eine leuchtende LED betrachtet. Die Szene wurde mit einer Kombination aus Maschinenstickerei und integrierter LED-Technologie als E-Textiles Stickerei auf Stoff umgesetzt.
„Mann am Strand“ ist eine E-Textiles Stickerei von Yvonne Dicketmüller, die analoge Maschinenstickerei mit integrierter LED-Technologie verbindet. Die Arbeit überführt eine alltägliche Strandszene in ein poetisches Spannungsfeld zwischen Nähe, digitaler Gewohnheit und medienkritischer Reflexion – eine textile Beobachtung unserer Gegenwart.

Textile Stromkreise – Technik zwischen Widerstand und Erzählung

Die männlich konnotierte Technik, die in den E-Textiles Stickereien zum Einsatz kommt, ist minimalistisch, rudimentär und fragmentarisch – genau wie mein Wissen aus dem abgebrochenen Elektrotechnikstudium. Es sind einzelne LEDs, die ich als leuchtende Screens auf die Stickereien nähe. Mit textilen Stromkreisen aus leitfähigem Garn bringe ich sie zum Leuchten – und erobere mir in einem subversiven Akt innerhalb der Handarbeit einen neuen Anwendungsbereich der Elektrotechnik.

Die Technik ist bewusst einfach gehalten: Meist leuchten die LEDs dauerhaft, gespeist durch eine kleine Batterie auf der Rückseite der Arbeit. Die Batteriefächer sind mal aus Stoff genäht, mal ein technisches Bauteil – je nachdem, was die Arbeit braucht.

Zwischen Nähe und Distanz – digitale Präsenz, textile Resonanz

Die „woanders“-Stickereien sind nicht interaktiv im klassischen Sinn: Sie blinken nicht, sie reagieren nicht auf Berührung oder Bewegung. Und doch entsteht eine besondere Form von Resonanz. Die Technik bleibt leise, aber sie spricht – durch das Material, das Licht, die Körper, die sich auf dem Stoff zeigen.

Ich glaube, jede:r, der diese Bilder sieht, erkennt sich darin ein Stück weit wieder. Denn wer kennt das nicht: den Blick aufs Handy, am Strand, im Urlaub, auf der Flucht vor dem Alltag – und gleichzeitig schon wieder abgetaucht in ein anderes „woanders“.

Diese Spannung interessiert mich: textile Arbeiten, die nicht kommentieren, sondern hineinziehen. Die etwas zeigen, das nah ist und doch nicht greifbar. Leuchtende Punkte, die nicht erklären, sondern erzählen.

„Mädchen unter Palme“ ist eine E-Textiles-Stickerei von Yvonne Dicketmüller, die medienkritische Reflexion mit textiler Poesie verbindet. Durch die Kombination von Stickerei und LED-Technologie entsteht eine stille Szene voller Gegenwart, Intimität und Distanz.

Ausstellungen

Arbeiten der „woanders“-Serie wurden u. a. in folgenden Kontexten gezeigt:

🔹 2024 – Showroom Kunst, Bochum
📍 Einzelausstellung
🖼 „woanders“ (E-Textiles Stickereien), 3D-gedruckte textile Skulpturen

🔹 2023 – Kulturlokal Fürth
📍 Einzelausstellung „Textil und Technik“
🖼 „woanders“ (E-Textiles Stickereien), textile Klangobjekte, 3D-gedruckte Skulpturen

🔹 2019 – BoBiennale, Bochum
📍 Gruppenausstellung in Halle 205
🖼 „woanders“ (E-Textiles Stickereien)

👉 Eine vollständige Übersicht meiner Ausstellungen finden Sie hier.

Das Textilkunstwerk „Junge Frau am Strand“ von Yvonne Dicketmüller zeigt eine in Maschinenstickerei gearbeitete Figur, die sich in Seitenansicht über ein leuchtendes Element beugt. Die Arbeit ist als E-Textiles-Stickerei mit integrierter LED-Technologie auf Stoff umgesetzt.

Weitere Informationen zu E-Textiles: Kobakant.

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